Liebe Familie, liebe Verwandte, liebe Freunde der Familie !

Wir wollen nicht wahrhaben, was wir erwarten mussten. Wir können es noch nicht fassen. Ein Mensch, der uns lange vertraut war, muss begraben werden. Wir sind ärmer geworden. Unser Leben sieht jetzt anders aus. Der Tod ist uns plötzlich näher. Er wird Eingang finden in unsere Überlegungen, in unserer Arbeit und Freude, in Zweifel und Hoffnung, in Streit und Versöhnung.

Wir sind heute hier, um Doris Reiff zu gedenken und sie auf ihrem letzten Weg zu begleiten. Wir nehmen Abschied von einer lebenslustigen, starken Frau, die nimmer Müde war, das Leben zu bejahen.

Leider musste nun auch Doris wie ihr Bruder Siegfried Bartholomäus zu früh aus dem Leben scheiden. Wir erinnern uns aber auch an die Eltern von Doris und Siegfried, die ebenso vor nicht all-zu-langer Zeit von uns gegangen sind. Kämpfen bis zum Schluss, das war das Zeichen der Familie Bartholomäus. Ebenso hob sich die Familie durch ein ausgeprägtes Pflichtbewusstsein in allen Lebenslagen hervor.

Doris Renate Reiff geborene Bartholomäus lernten wir kennen als bescheidende und sparsame, aber auch großzügige Frau mit einem ausgeprägten Gerechtigkeitssinn und mit dem richtigen Gespür für das Wesentliche im Leben - Familie und Freunde. Ihr Leben war die Familie, insbesondere ihr Mann und ihre Kinder, und die ständige Sorge um ihrer aller Wohlergehen.

Wir möchten die kommenden Minuten nutzen, uns gemeinsam an das Leben von Doris Reiff zu erinnern. Wie war sie und wer war sie ?

Was sie mochte!

Doris mochte die Blumenwiese in Lewoscha und schöpfte daraus sehr viel Kraft und Lebensfreude. Sie mochte Schneeglöckchen zu ihrem Geburtstag, die sie auf dem Frühstückstisch jährlich vorfand.
Sie mochte sonntags lange mit ihrer Familie zu Hause frühstücken, ohne Hast und Eile. Sie mochte ihre eigene Ernte genießen, beispielsweise ihre Kartoffeln in einem großen Topf Kartoffelsuppe. Sie mochte rote Pullover tragen und praktische Kleidung, die möglichst jedem Anlass gerecht wurde. Neben dem Fahrradfahren mochte sie gern selbst Autofahren, ohne Beifahrer! Sie mochte mit ihren Freunden reden, ohne auf die Uhr schauen zu müssen. Sie mochte lange Telefonate, die sie von der alltäglichen Hausarbeit ablenkten. Sie mochte es, jeden Sonntag um 18.40 Uhr "ihre" Lindenstraße im Fernsehen zu erleben.

Was sie nicht mochte!

Doris mochte nicht morgens unter Eile aufstehen und darüber nachdenken zu müssen, was sie am Mittag kochen sollte. Sie mochte es nicht, pünktlich sein oder unter Termindruck zu stehen. Sie mochte nicht im Garten Vogelmiere oder anderes Unkraut jäten. Doris mochte keine unabgewaschenen Dinge, egal ob es sich dabei um Obst und Gemüse, um Hände oder anderes handelte. Sie mochte es nicht, sich zu schminken oder auffällige Ketten zu tragen, wenn sie ausging. Sie mochte keinen Urlaub, in dem sie sich selbst versorgen musste und nicht aktiv die Umgebung erkunden konnte.

Was sie allerdings sehr gern mochte, war das Lied der Gruppe Karat "Über sieben Brücken musst Du gehen". In diesem Text erkannte sie ihren eigenen Lebensweg wieder, der von sehr wechselvollen Ereignissen und Gefühlen geprägt war - so wie es auch dieses Lied beschreibt.

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In Gedanken bei Doris wollen wir heute noch einmal auf einige prägende Ereignisse ihres Lebensweges zurückblicken.

Ihr Leben begann im Haus ihrer Eltern Magdalena und Karl Bartholomäus im Lerchenring in Rangsdorf, dem Haus, das auch ihr weiteres Leben mitbestimmen sollte. Vor fast 62 Jahren war das Leben eines Kindes sicherlich noch nicht so wohlbehütet gewesen, wie es heute für selbstverständlich hingenommen wird. Der Krieg war noch im vollen Gange und auch die Jahre nach diesem waren nicht durch den vielgepriesenen, erwarteten Aufschwung gekennzeichnet.

Ihre Schulzeit und Ausbildung waren neben dem Lernen durch das Bemühen geprägt, enge persönliche Kontakte zu knüpfen. Dieses ist eine ihrer liebenswertesten Eigenschaften in den kommenden Jahrzehnten geworden. So sah sie in ihrer damalige Lehrerin Frau Schulz-Semrau auch in den letzten Jahre eine enge Vertraute. Ebenfalls hervorgehoben werden soll die über 40-jährige enge Freundschaft mit Frau Edeltraut Rüster, einer Freundin die sie bereits während ihrer Ausbildung kennenlernte.


Mit ihren langen dunklen Haaren, ihren braunen Augen und ihrem markanten Lächeln verdrehte sie so manchem jungen Mann den Kopf , bis ihr am 4. Dezember 1960 Lothar über den Weg lief bzw. sie in Berlin zum Tanz aufforderte.

Nach vielen unbeschwerten Tänzen verlobten sich im Oktober 1962 offiziell Lothar Reiff und Doris Bartholomäus. Nunmehr durfte Lothar seine Doris mit in den Urlaub nehmen. Weitere zwei Jahre später wurde am 29. August 1964 die Trauung vollzogen. Die Feier war wie die folgenden Familienfeste groß und schön.

Nach überwundenen Trennungen bedingt durch Lothars Dienst einerseits an der Staats"Front" und andererseits an der Eisenbahn-Ausbildungs"Front" war die Freude in der Familie Reiff riesig als das erste Mädchen - Martina - das Licht der Welt erblickte. Der Stolz der Mutter war fortan ein Markenzeichen von Doris und nichts war wichtiger als das Glück und die Gesundheit ihrer Tochter und der Familie. Schließlich ließ auch ihr zweites Mädchen - Anja - nicht lange auf sich warten. Zunächst war Doris Angst natürlich groß, als sie nach der Geburt ihr Kind nicht gleich in die Arme schließen durfte. Gleichermaßen und übermaßen war die Freunde als nach einigen Wochen festgestellt werden konnte, dass dem gemeinsamen Familieglück nun nichts mehr im Wege stand.

Unerwähnt bleiben soll an dieser Stelle jedoch auch nicht, dass die Angst ein ständiger Begleiter von Doris war. Sie horchte immer wieder in ihren starken Körper hinein und verdächtigte den ein oder anderen Hustenanfall etwas Gefährliches zu sein. Leider kam es, dass sie sich 1978 einer ihrer größten Lebensaufgaben stellen musste. Sie erkrankte und musste neben der familiären Stärke nun auch persönliche Stärke zeigen. Mit Kampfgeist und Mut bot sie ihrem Schicksal die Stirn und war mit Recht stolz darauf, dass sie alle medizinischen Prognosen über lange Jahre widerlegen konnte.

Während der Zeit ihrer Ersterkrankung gaben ihre Eltern ihr viel Unterstützung und versorgten die damals noch kleinen Mädchen. So konnte sie sich auf ihre Genesung konzentrieren. Ihr größtes Ziel war es, ihre Kinder aufwachsen zu sehen und sicher zu sein, dass Martina und Anja ihren Weg im Leben finden. Über die 26 Jahre der Krankheit konnten sie sich Wünsche erfüllen, die sie sich zu Beginn ihrer Krankheit niemals vorstellen konnte.


Aber auch ihre vielen Freundschaften und Bekanntschaften halfen ihr, die Krankheit über die Jahre zu ertragen und zeitweise zu vergessen.
Gudrun Hannemann wie auch Brigitte Haun - Gitti - seien hier stellvertretend für viele liebe Freundinnen genannt.

Vertraute in ärztlichen Belangen sowie moralische Stütze in den vielen Jahren der Krankheit war ihre Schwägerin Christel Bartholomäus. Nach der ein oder anderen Hiobsbotschaft der anderen Ärzte war sie da, um Doris aufzufangen und ihr Mut zuzusprechen. Insbesondere war es ihr zu verdanken, dass die Last der fast zehnjährigen Chemotherapie für Doris erleichtert wurde, da sie es ermöglichte, dass diese in ihrer Praxis verabreicht werden konnte.

Doch kommen wir zu den für sie lebenserfüllenden und wieder zielsetzenden Begebenheiten zurück. Sie benötigte in ihrem Leben immer wieder neue Höhepunkte, die ihr Motivation gaben oder sie vor neue Herausforderungen stellten. Die Geburt ihrer Enkel Anton, Nina und Ansgar waren zweifellos freudige Ereignisse und Herausforderungen zugleich. Gern riss sie sich mit ihren Töchtern um die Aufpasserrolle und sorgte und bemuddelte die Kinder mit Engagement und sparte nicht mit guten Ratschlägen.

Sie war bis zu guter Letzt der organisatorische Zusammenhalt der Familie. Immer bemühte sie sich, um harmonische Beziehungen zu und zwischen allen Familienmitgliedern. Insbesondere war sie bestrebt, das Verhältnis zu Jürgen, Veronika gemeinsam mit Robert nach einer Unstimmigkeit wiederherzustellen und sie in die Familie zu integrieren. Ihr lag Wohl und Freude der Kinder und Enkelkinder sehr am Herzen, und ihr Herz war groß. Ja, man kann behaupten sie war harmoniesüchtig. "Sei doch nicht so" - war sicherlich einer ihrer Lieblingssätze, wenn es um das Beschwichtigen kleiner Harmonieunterbrechungen im Hause ging. Es war nicht ihre Art, Meinungsverschiedenheiten mit dem Reiff'schen Dickkopf auszusitzen. Es war immer ihr Ziel, Konflikte spätestens vor dem Schlafengehen beizulegen.

Stand während der Entwicklung der Kinder noch die Aufgabe des Verteilens der finanziellen Kapazitäten im Vordergrund, um eine jährliche gemeinsame Urlaubszeit zu ermöglichen, konnten Doris und Lothar nach der Nestflucht der "Kinder" mehr für ihr Freizeitvergnügen tun. Auf die jährlichen Radpartien mit ihrem Mann und Freunden bestand Doris hartnäckig, um ihre Leistungsfähigkeit unter Beweis zu stellen. Kein Berg war ihr zu hoch und keine Weg zu weit.

Als Außenstehender denkt man stöhnend an Radtouren entlang Donau, Inn, Rhein oder auch Mosel von 750 km mehr. Bewundernswert! Aber auch die Touren mit der BBB - Brigade "Bruno Baum" -, die seit Beginn der 80er Jahre regelmäßig stattfanden, waren immer Höhepunkte für sie. Manch' Halberwachsene 30-jährige ist immer noch neidisch, wenn er von Reisen in Städte hört wie Paris, London, Rom, Monaco und viele, viele mehr.

Aber auch die Reise- und Abenteuerlust ihrer Töchter ging nicht spurlos an Doris vorbei. Zunächst saß der Schock tief, dass beide für längere Zeit ins Ausland gehen wollten. Bald stellte sie jedoch fest, dass England eigentlich gar nicht so weit entfernt und auch Kanada relativ leicht erreichbar ist. So zog es Doris mit ihrem Lothar nicht nur nach London und dem Cornwell, sondern auch mal über den Teich nach Vancouver und in die Rocky Mountains. Hier strömten Eindrücke auf sie ein, an die sie sich immer wieder gern zurückerinnerte und ebenso gern mit anderen Zuhörern teilen wollte.

Ein weiterer Höhepunkt ihres Lebens waren ebenfalls ihre Reisen nach West-Berlin bzw. nach Duisburg und Dinslaken, z. T. mit Lothar, aber auch alleine. Große Unterstützung erfuhr sie dabei von Traudel und Sylvia sowie von Helga und Christiane, die sie jederzeit liebevoll aufgenommen haben. Aber auch wenn sie allein auf Reisen war, galten ihre Gedanken der Familie, denn immer war sie auf der Suche nach den passenden Mitbringseln und machte es sich dabei nicht leicht.

Da Doris viel gesehen hatte, wurde ihre Kompetenz in Sachen Reisen natürlich gern auch von Anderen angefragt und sie freute sich über jeden, den sie mit ihren Tipps und Anregungen unterstützen konnte. Sie ergriff aber auch gern selbst die Initiative und organisierte mit Leidenschaft und Engagement Radtouren für den Landschaftspflegeverein Rangsdorf. So konnte sie über Jahre hinweg Interessierten die Weiten des Landkreises Teltow / Fläming zeigen und ihre Erfahrungen aus vielen Radtouren weitergeben.

Dass sie organisatorisches Geschick hatte, stellte sie eindrucksvoll bei der Vorbereitung und Durchführung ihres 30-jährigen Klassentreffens unter Beweis. Zu diesem gelang es ihr, unglaubliche 90% der Mitschüler wiederzuentdecken und zu überzeugen, nach Rangsdorf zu kommen. Natürlich waren auch die anderen noch fehlenden Mitschüler nicht verloren, sondern konnten im Späteren ebenso ausfindig und auf das nächste Fest neugierig gemacht werden.


Wie jeder hatte natürlich auch Doris Schwächen, liebenswerte Schwächen, an die wir uns gewöhnt hatten. So war sie immer bemüht pünktlich zu sein, was ihr von Zeit zu Zeit auch gelang. Wir erinnern uns dabei gern an eine Begebenheit, wie der BBB - Fahrt nach Mittelndorf. Wurde doch das Ehepaar Reiff dieses Mal eine Stunde vorher bestellt und wunderte sich, dass noch niemand da war, obwohl Doris und Lothar pünktlich am vereinbarten Treffpunkt waren.

Ein weiterer Teil ihres Lebens - insbesondere in den letzten Jahren - war ihr Garten, der für sie Lust und Last gleichermaßen bedeutete. Manchmal dauerte es zwar etwas länger, bis sie sich zur Gartenarbeit aufraffen konnte. Dann war sie jedoch nicht mehr zu halten und brachte meist in einer Hau-Ruck-Aktion alles wieder auf Vordermann und war nicht mehr zu bremsen - auch nicht von der einbrechenden Dunkelheit. Besonders glücklich war sie, wenn ihr Teich von Fröschen gut besucht war, und sie sich an einem lautstarken Froschkonzert erfreuen konnte.


Mit Doris geht von uns nunmehr ein Mensch, der immer für andere da war - für ihren Mann, ihre Kinder und Enkel, aber auch für ihre Eltern, die sie mit den ihr zur Verfügung stehenden Kräften gepflegt hatte. Es verlässt uns eine starke Frau, die ihre Ziele erreicht hat, bzw. mehr als das: ihre "kleinen" Mädchen sind inzwischen gestandene Frauen, die nun selbst wiederum Mütter sind.

Wir haben sie immer bewundert. Sie konnte sich über Sonnenaufgänge, das Vogelgezwitscher und der Natur erfreuen. Daran wollen wir uns ein Beispiel für unsere weiteren Jahre nehmen.

Doris ! Schön, dass es Dich gab !

Du wirst immer bei uns sein !